Experten rechnen in den kommenden Wochen mit einem deutlich steigenden Stechmücken-Aufkommen im Freistaat. «In vielen Regionen in Thüringen hat die lange Trockenperiode der vergangenen Monate den Stechmücken das Leben schwer gemacht. Das ändert sich jetzt gerade», erklärt die Stechmücken-Expertin Doreen Werner vom Mückenatlas. «Wenn es mit den Niederschlägen so weitergeht, werden wir in den kommenden Wochen eine deutliche Steigerung erleben - der Sommer ist für Stechmücken noch nicht abgehakt.»
In diesem Jahr seien sowohl die Schneeschmelze als auch die starken Frühjahrsregen ausgeblieben, so Werner. Weil in der Folge die meisten Tümpel, Pfützen und andere Wasseransammlungen ausgetrocknet seien, hätten Stechmücken nur wenige geeignete Möglichkeiten zur Eiablage gefunden. Vor allem die Hausmücke sei davon betroffen gewesen. Einzig die Art «aedes geniculatus» sei bisher gut durch das Jahr gekommen. Die Baumbrüter hätten in Wäldern und Parks offensichtlich noch genug Brutplätze gefunden.
Verwechslungsgefahr: Harmlos trotz Angriffslust
Diese Art sei recht aggressiv im Anflug: Anders als die Hausmücke kreise sie nicht erst um ihr Opfer, sondern fliege es direkt an. Aufgrund der Färbung werde sie oft mit der Asiatischen Tigermücke verwechselt, sei aber harmlos. Die insgesamt geringeren Populationsdichten seien anhand der Menge der Mücken-Einsendungen beim Mückenatlas deutlich spürbar gewesen, so Werner. Vermutlich werde die Anzahl der Stechmücken schon innerhalb der nächsten Tage spürbar steigen.
Was Krankheitsübertragungen angeht, ist die Lage in Thüringen der Expertin zufolge vergleichsweise ruhig. Im Freistaat gebe es nur eine bekannte Tigermücken-Population in Jena. Diese habe sich in den vergangenen Jahren aber nicht deutlich ausgeweitet. Die Stadt Jena hat ein scharfes Auge auf die Entwicklung. Dort wurde unter anderem ein Mückenbriefkasten eingerichtet, in den Bürger gefangene Exemplare zur Bestimmung einwerfen können.
Im vergangenen Jahr habe es etwa 100 Einreichungen gegeben, so eine Sprecherin der Stadt. Eine Tigermücke sei dabei nicht nachgewiesen worden. In diesem Jahr seien die Einreichungen bislang sehr gering. Die Tigermücke kann unter bestimmten Umständen Krankheiten wie das Dengue-Fieber übertragen. Aufgrund des Klimawandels sei in Deutschland allgemein mit einer stärkeren Ausbreitung der Tigermücke zu rechnen, so das Robert Koch-Institut (RKI).
Westnil-Virus auf dem Vormarsch
Was übertragbare Krankheiten angeht, breitet sich den Experten zufolge das Westnil-Virus mittlerweile auch in Thüringen immer stärker aus. Bis vor kurzen waren davon vor allem Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen betroffen. Übertragen wird diese Krankheit allerdings nicht von invasiven Arten, sondern von der gemeinen Hausmücke. In den meisten Fällen bleibe diese Erkrankung allerdings unbemerkt, weil die Symptome oft einer Sommergrippe ähnelten, so Werner. 2020 habe es einen Todesfall gegeben, aber in der Regel sei der Krankheitsverlauf harmlos. Wer nach einem Mückenstich Unwohlsein verspüre, solle vorsichtshalber aber dennoch einen Arzt aufsuchen.
Tipps gegen den Juckreiz
Was den Umgang mit Mückenstichen angehe, gebe es nur ein Allgemeinrezept, erklärt die Biologin: «Nicht kratzen.» Ansonsten müsse jeder für sich selbst herausfinden, was individuell am besten funktioniere. Als hilfreich hätten sich Hitzestifte erwiesen, die den Juckreiz mildern könnten. Allerdings seien hier die günstigen Modelle meist wirkungslos, so Werner. Das Thüringer Gesundheitsministerium rät zum Schutz vor Stichen zum Tragen von heller, langer Kleidung und der Nutzung von Insektenschutzmitteln. Auch das Anbringen von Fliegengittern oder einem Moskitonetz könne helfen.
Für die die Eiablage genügen den Tieren selbst kleine Wasseransammlungen wie in Blumenschalen oder gar in weggeworfenen Getränkedosen. Um die Verbreitung von Mücken besser zu beobachten und die Forschung zu unterstützen, bittet der Mückenatlas - eine Kooperation des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) - um die Einsendung gefangener Mücken.
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