Die Auswirkungen des seit Mai geltenden neuen Namensrechts sind in Thüringens Standesämtern deutlich spürbar. «Die Nachfrage der Bürger zu Namensänderungen in Bezug auf das neue Namensrecht ist definitiv gestiegen», sagte Maika Kühn, Landesfachberaterin im Fachverband der Standesbeamtinnen und Standesbeamten des Freistaats Thüringen. Je nach Standort sei die Zahl der Anfragen teils um das Fünffache gestiegen.
Dieser Trend habe bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes begonnen. «Manch ein Bürger hat sozusagen bereits darauf gewartet», so Kühn.
Die ursprüngliche Annahme, dass es einen Ansturm auf Doppelnamen als Nachnamen gebe, für die das Gesetz einige neue Möglichkeiten bietet, habe sich allerdings als Trugschluss erwiesen: Weder bei Altfällen noch bei neuen Eheschließungen wird diese Wahl bislang häufig getroffen, wie es aus verschiedenen Standesämtern heißt. In Sonneberg hätten etwa bei 100 Trauungen seit Jahresbeginn nur zwei Paare den Doppelnamen gewählt. Auch bei Altfällen und Kindesnamen habe es nur je einen Fall gegeben.
Namensänderung gefragt, wenn Liebe zerbricht
Deutlich höher sei das Interesse hingegen vor allem bei der Rückbenennung, so Kühn. Dabei können Erwachsene, die als Minderjährige den Ehenamen eines Elternteils erhalten hatten, ihren ursprünglichen Geburtsnamen zurückerhalten.
Nachgefragt sei auch der Wechsel des Familiennamens eines minderjährigen Kindes nach Trennung der Eltern. Hier sei eine Änderung nach aktueller Rechtslage aber in vielen Fällen nicht möglich. Die Kinder müssten in diesen Fällen bis zur Volljährigkeit warten.
Was den Arbeitsaufwand der Standesämter für eine Umbenennung angeht, sei der Verwaltungsakt grundsätzlich unkompliziert. «Zeitaufwendig ist meist aber das Informieren des Bürgers und das Feststellen des Sachstandes - ob und welche Namensänderung überhaupt möglich ist», so Kühn. Dieser Umstand wird etwa von den Standesämtern in Suhl, Mühlhausen, Erfurt und Gera bestätigt.
So hätten Bürger häufig das Gesetz zwar gelesen, aber falsch interpretiert, sodass dem Wunsch einer Namensänderung nicht entsprochen werden könne, sagte etwa Jitka Haase, Amtsleiterin im Einwohnermeldeamt Gera. Besonders der telefonische Beratungsaufwand sei in Gera um etwa 20 Prozent gestiegen.
Keine Schablone für alle - Entscheidung im Einzelfall
Da es keine Generallösung gebe, sondern jeder Fall einzeln betrachtet und geprüft werden müsse, sei zunächst auch keine Abschwächung zu erwarten, hieß es aus mehreren Städten. «Durch die erst allmählich eintretende Erkenntnis der Bevölkerung über die zahlreichen Fallkonstellationen, in denen Namensänderungen nun möglich sind, ist davon auszugehen, dass die Zahl der Namensänderungen stetig auf hohem Niveau bleibt», fasst Mandy Plickert für die Stadt Weimar zusammen.
Sehr komplex würden die Sachverhalte teils, wenn Eltern aus dem Ausland stammten, der Familienname des Kindes aber auf der Grundlage deutscher Vorschriften bestimmt werde, hieß es aus Suhl.
Konstellationen, die Gesetzgeber nicht hat kommen sehen
Probleme gebe es vor allem, weil das Gesetz noch recht neu sei und immer wieder Konstellationen aufträten, die der Gesetzgeber nicht vorausgesehen habe. Aufgrund der unzureichenden Kommentierung und bislang nicht vorhandener Rechtsprechung gebe es ständig neue Hinweise für die praktische Umsetzung von den zuständigen Bundesbehörden, erklärt Anja Schultz für das Standesamt Erfurt. Auch die verwendete Software sei nicht komplett ausgreift, der Behelf mit Vordrucken sei sehr zeitaufwendig.
Änderung mit Folgen für wichtige Dokumente
Das neue Namensrecht ist in Deutschland am 1. Mai 2025 in Kraft getreten. Seitdem gibt es mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei Doppelnamen und bei der Namenswahl für Stief- und Scheidungskinder sowie bei Adoptionen.
Eine Änderung schlägt dem Landesverband zufolge mit insgesamt etwa 35 Euro zu Buche. Folgekosten entstünden etwa, wenn Personalausweis, Reisepass und andere Dokumente oder Grundbucheinträge angepasst werden müssen.
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