Nach Ansicht von Thüringens Innenminister Georg Maier sollte moderne Technik und Künstliche Intelligenz bei der Ermittlungsarbeit mit Bedacht genutzt werden. Moderne Technik müsse immer so zum Einsatz kommen, dass der Rechtsstaat nicht infrage gestellt werde, sagte Maier nach einer Kabinettssitzung in Erfurt. «Was ich keinesfalls will, ist, dass zum Beispiel künstliche Intelligenz so eingesetzt wird, dass Bürgerrechte eingeschränkt werden», sagte der SPD-Politiker. Er wolle auf keinen Fall, dass Thüringen einen «Schritt in Richtung Überwachungsstaat oder Polizeistaat» mache.
Hintergrund sind Pläne des Innenministers, das Polizeiaufgabengesetz zu ändern. Ein erster Referentenentwurf wurde jetzt im Kabinett beraten. Allerdings kann es noch Änderungen geben, der Entwurf muss noch vom Parlament verabschiedet werden.
Automatische Kennzeichenerkennung
Maier sagte, moderne Technik könne gleichwohl die polizeiliche Arbeit erleichtern. Als Beispiel nannte er eine automatische Kennzeichenerkennung - etwa bei Tunneleinfahrten an der Autobahn. Es werde nicht möglich sein, jedes Kennzeichen zu scannen, um ein Bewegungsbild zu erstellen. «Aber es wird möglich sein, dieses Instrument zu nutzen, ganz gezielt, nicht flächendeckend und mit richterlichem Vorbehalt», sagte Maier. Wenn jemand auf der Flucht und das Kennzeichen bekannt sei, könne die Polizei dann herausfinden, wenn der Tunnel durchfahren werde.
Im Polizeiaufgabengesetz sollen auch Regeln zum Einsatz der elektronischen Fußfessel im Bereich der häuslichen Gewalt geregelt werden. Das hatten CDU, BSW und SPD bereits in ihrem Regierungsvertrag vereinbart. Maier sagte, das Handeln der Polizei müsse stärker auf die Opfer ausgerichtet werden.
Die Brombeer-Koalition hat keine eigene Mehrheit im Parlament und ist auf das Abstimmverhalten der Opposition angewiesen.
Opposition kritisiert die Pläne scharf
Die Thüringer Linke-Fraktion hält die geplante Einführung der Fußfessel für «hochproblematisch». «Diese sollen künftig auch ohne klar definierte Gefahrenlage eingesetzt werden, längst nicht nur bei Partnerschaftsgewalt», sagte der innenpolitische Sprecher der Linke-Fraktion, Ronald Hande. «Die Landesregierung betont öffentlich vor allem einen verbesserten Opferschutz, verschweigt dabei jedoch, was tatsächlich im Gesetzentwurf steckt: ein massiver Ausbau polizeilicher Überwachungs- und Eingriffsbefugnisse gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern Thüringens und das teils völlig unverhältnismäßig und ohne angemessene Kontrollmechanismen», kritisiert Hande.
Es drohe eine Ausweitung durch KI-gestützte Kameraüberwachung und Verhaltensanalyse im öffentlichen Raum, monierte er, «ohne dass klar definiert wird, was unter "auffälligem Verhalten" zu verstehen ist. Er warnte, dass damit auch Menschen ins Visier geraten könnten, die sich nichts zu Schulden kommen ließen.
AfD sieht Missbrauchspotenzial
Hande räumte ein, dass es eine Modernisierung des Polizeirechts brauche. Der Entwurf schieße aber an etlichen Stellen über das Ziel hinaus. «Besonders kritisch ist auch der geplante Einsatz von Elektroschockwaffen gegen Menschen – sogenannte Taser, deren Anwendung in den USA bereits zu tausenden Todesfällen geführt hat.»
Auch der innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Ringo Mühlmann, kritisierte Maiers Pläne scharf. Die vorgeschlagenen Änderungen im Polizeiaufgabengesetz seien so weitreichend, «dass damit ein erhebliches Missbrauchspotential einhergeht». Mit Blick auf Maier sagte Mühlmann: «Dieser Innenminister darf nicht in die Lage versetzt werden, noch weitergehende polizeiliche Befugnisse als bisher in die Hand zu bekommen.»
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