Die Thüringer Linke geht auf Distanz zu einem umstrittenen Antisemitismus-Beschluss der Partei beim Bundesparteitag in Chemnitz. «Ich finde die Entscheidung, die getroffen wurde auf dem Bundesparteitag fatal - auch mit Blick auf die Perspektive der Betroffenen», sagte Thüringens Linke-Co-Chef Christian Schaft der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Es brauche nun eine selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Beschluss, «aber auch mit dem Thema Antisemitismus», betonte der 34-Jährige, der auch Linke-Fraktionschef im Thüringer Landtag ist.
Hintergrund ist ein umstrittener Beschluss zum Thema Antisemitismus beim Linke-Bundesparteitag in Chemnitz vor etwa einer Woche. Eine knappe Mehrheit der anwesenden Delegierten hatte sich gegen den ausdrücklichen Wunsch des Linken-Chefs Jan van Aken hinter die sogenannte Jerusalemer Erklärung von 2021 gestellt.
Kritische Auseinandersetzung gefordert
Sie wurde von Wissenschaftlern entworfen als Alternative zur sogenannten IHRA-Definition von Antisemitismus, die der Zentralrat der Juden und auch die Bundesregierung unterstützen. Anders als diese erwähnt die Jerusalemer Erklärung Israel nicht explizit, sondern definiert Antisemitismus so: «Antisemitismus ist Diskriminierung, Vorurteil, Feindseligkeit oder Gewalt gegen Jüdinnen und Juden (oder jüdische Einrichtungen als jüdische).»
Schaft forderte eine kritische Auseinandersetzung in seiner Partei mit dem Beschluss und dem Thema israelbezogener Antisemitismus. «Ich halte es für kritisch, dass versucht wird, wissenschaftliche Definitionen für bestimmte politische Zwecke zu instrumentalisieren.»
Schaft: Landesverband und Fraktion «stabil»
Schaft sagte, es sei auch ohne diesen Beschluss möglich, die Kriegsführung in Gaza zu kritisieren, ohne sich einem Antisemitismus-Vorwurf auszusetzen. Zugleich müssten immer auch das Leiden der Zivilbevölkerung unter dem Terror der Hamas und der Grund für den Krieg benannt werden - das sei der 7. Oktober 2023, sagte Schaft. Auslöser des Gaza-Kriegs war der Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden.
Schaft betonte, sowohl der Thüringer Linke-Landesverband als auch die Thüringer Linke-Fraktion seien bei dem Thema «stabil». «Dass wir uns dazu bekennen, gegen jede Form des Antisemitismus - egal, ob Post-Shoah-Antisemitismus oder israelbezogenen Antisemitismus - zu kämpfen und damit auch das Existenzrecht Israels nicht infrage zu stellen», sagte Schaft.
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