Autofahren trotz Joint und Bier? Mit einer Bundesratsinitiative dringen die Länder Brandenburg und Thüringen an diesem Freitag auf eine härtere Linie beim Umgang mit Cannabis und Alkohol im Straßenverkehr.
Der brandenburgische Verkehrsminister Detlef Tabbert (BSW) fordert angesichts erhöhter Unfallrisiken eine Null-Toleranz beim Mischkonsum für alle Autofahrer - also wenn jemand einen Joint raucht und zugleich Alkohol trinkt. Derzeit gilt ein grundsätzliches Alkohol- und Cannabisverbot nur für Fahranfänger. Die Länderkammer kommt an diesem Freitag in Berlin zu Beratungen zusammen.
Mediziner: Wirkung verstärkt sich bei Mischkonsum
Unterstützung für den Vorstoß kommt von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM). Deren Vizepräsident, der forensische Toxikologe Frank Mußhoff, sagte zum Mischkonsum von Cannabis und Alkohol: «Wenn man beides zusammen einnimmt, verstärken sie sich in ihren Wirkungen und die Unfallgefahr nimmt zu.»
Es seien zentral dämpfende Substanzen, die etwa zu Müdigkeit, verlängerten Reaktionszeiten sowie Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen führten. Der Experte ist ebenfalls der Meinung, dass ein Cannabis-Alkohol-Mix nicht nur für Fahranfänger verboten sein sollte. «Die Wirkung hängt nicht vom Alter ab.» Mußhoff hält zudem den gesetzlich festgelegten Cannabis-Grenzwert im Verkehr von 3,5 Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC) je Milliliter Blut für zu hoch.
Alkohol erst ab Erreichen des THC-Grenzwertes verboten
Bislang ist es - mit Ausnahme bei Fahranfängern - im Straßenverkehr nicht verboten, gleichzeitig geringe Mengen Cannabis und Alkohol zu konsumieren, solange man unterhalb der Grenzwerte bleibt.
Nach dem Gesetz ist es erst dann eine Ordnungswidrigkeit, ein alkoholisches Getränk zu konsumieren, wenn man am Steuer eine THC-Konzentration von 3,5 Nanogramm oder mehr im Blut aufweist (Straßenverkehrsgesetz, Paragraf 24a).
Was sagen andere Länder?
Brandenburgs Verkehrsministerium rechnet für die Bundesratsinitiative mit Unterstützung von weiteren Bundesländern, wie eine Sprecherin in Potsdam sagte. Wie der Vorstoß bundesweit ankommt, blieb aber vage - es besteht Beratungsbedarf bei anderen Landesregierungen. Der Antrag im Bundesrat sollte zunächst in Ausschüsse überwiesen werden.
Brandenburg und Thüringen - beide Verkehrsministerien werden von BSW-Politikern geführt - wollen erreichen, dass die Bundesregierung die Höhe des THC-Grenzwertes überprüft, Auswirkungen des Mischkonsums genauer untersuchen lässt und ein Verbot prüft. Klar ist, dass die Bundesregierung die seit 1. April 2024 geltende Teilegalisierung von Cannabis für Erwachsene bewerten lässt.
Sachsen sieht noch Abstimmungsbedarf
Sachsen lehnt einen Mischkonsum von Cannabis und Alkohol im Straßenverkehr ab, wie es aus dem CDU-geführten Infrastrukturministerium in Dresden auf Anfrage hieß. «Jedoch sehen wir zunächst weiteren Abstimmungsbedarf hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des Antrags», hieß es. Eine Befassung im sächsischen Kabinett sei bislang nicht vorgesehen.
Hessens CDU-Innenminister Roman Poseck (CDU) sieht Rauschmittel im Straßenverkehr generell kritisch: «Wer sich mit Alkohol oder anderen Drogen wie Cannabis hinter das Steuer setzt, handelt egoistisch und verantwortungslos, denn er gefährdet nicht nur sich, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer.»
Auch aus dem bayerischen Innenministerium hieß es, man sehe bei der aktuellen Regelung des Mischkonsums einen Handlungsbedarf wegen des Grenzwerts von 3,5 Nanogramm THC.
Versicherer für strengere Regelung
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wie auch der ADAC befürworten eine Verschärfung der bisherigen Regelungen. Unfälle unter Mischkonsum seien besonders schwer, teilte der GDV mit. Nach Darstellung des Verbandes hatte bei jedem zweiten tödlichen Drogenunfall 2022 der Unfallverursacher auch Alkohol konsumiert.
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