Angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen wollen Präsidentinnen und Präsidenten von Oberlandesgerichten stärker beobachten, ob angehende Juristen verfassungstreu sind. Sie erwarten eine Zunahme von Fällen, in denen daran Zweifel bestehen. «Wir erkennen eine Tendenz, dass das zunimmt und darauf wollen wir vorbereitet sein», sagte der Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz, Thomas Henrichs.
Er verwies dabei auf Veröffentlichungen des Bundesverfassungsschutzes, wonach es eine Zunahme von in rechtsextremistischen und anderen extremistischen Bereichen aktiven Personen gibt. Henrichs äußerte sich bei der Jahrestagung der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Oberlandesgerichte, des Bayerischen Obersten Landgerichts und des Bundesgerichtshofs im thüringischen Weimar. Das Thüringer OLG hat in diesem Jahr den Vorsitz.
Unterschiedliches Vorgehen in den Ländern
Bei der Tagung ging es auch darum, wie einheitlich in den einzelnen Ländern bei dem Thema vorgegangen werden könne. Derzeit gebe es etwa Unterschiede dabei, ob eine Erklärung zur Verfassungstreue bei der Bewerbung für das Rechtsreferendariat ausdrücklich verlangt werde oder nicht, so Henrichs.
«Es ist aus unserer gemeinsamen Sicht jetzt Zeit, den Rechtsstaat resilient zu machen gegen Angriffe von außen, aber auch von innen», betonte die Präsidentin des OLG Celle, Stefanie Otte. Sie warb dafür, Demokratiebildung schon im Referendariat einen größeren Raum zu geben als bisher. So könnte etwa die Bedeutung von Richtern im Nationalsozialismus verstärkt thematisiert werden, schlug Otte vor.
Bekannter Fall ausschlaggebend
Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Oktober 2024. Das Gericht in Leipzig stellte dabei klar, dass Rechtsreferendare Mindestanforderungen an die Verfassungstreuepflicht erfüllen müssen und sich insbesondere nicht aktiv gegen die Grundwerte der Verfassung betätigen dürfen. In dem konkreten Fall ging es um einen bei der rechtsextremen Kleinstpartei «Der III. Weg» aktiven Mann, der sich für den juristischen Vorbereitungsdienst in Bayern beworben hatte und abgelehnt worden war.
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