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Extremisten dürfen vom Referendariat ausgeschlossen werden

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof wies eine Klage der AfD zu Regelungen in der Juristenausbildung ab. (Archivbild) / Foto: Martin Schutt/dpa
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof wies eine Klage der AfD zu Regelungen in der Juristenausbildung ab. (Archivbild) / Foto: Martin Schutt/dpa

Wer gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verstößt, darf kein Rechtsreferendar werden. Gegen diese Regelung klagte die AfD-Landtagsfraktion in Thüringen.

Extremisten dürfen nach einer Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs weiter vom juristischen Vorbereitungsdienst im Freistaat ausgeschlossen werden. Die Weimarer Richter wiesen damit eine Klage der Thüringer AfD-Landtagsfraktion ab. Sie hatte eine Regelung angegriffen, wonach Bewerber, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verstoßen, nicht zum juristischen Vorbereitungsdienst zugelassen werden sollen.

Die Menschen in Thüringen müssten dem Rechtsstaat vertrauen können, sagte Gerichtspräsident Klaus von der Weiden zur Begründung. Für dieses Vertrauen sei es wichtig, dass auch Rechtsreferendare ihre Aufgaben mit «Unvoreingenommenheit und Sachlichkeit» erledigten. Genau dazu trage die Regelung im Thüringer Gesetz über die juristischen Staatsprüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst bei, die die AfD angegriffen hatte. Tatsächlich sei diese Norm im Interesse «der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege».

Zugehörigkeit zu Partei reicht meist nicht für Ausschluss

Das Gericht wies aber darauf hin, dass der Eingriff in die Berufsfreiheit nur verhältnismäßig sei, wenn Bewerber deutlich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung agieren. In aller Regel genüge die bloße Zugehörigkeit zu einer Partei nicht, um Bewerber auszuschließen. Die Thüringer AfD wird vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. 

Der Rechtsvertreter der AfD, Michael Elicker, hatte während der Hauptverhandlung argumentiert, die Regelung verstoße gegen eine Vielzahl von Verfassungsrechten: Es schränke unter anderem die Berufsfreiheit von Menschen unzulässig ein, ebenso ihre Meinungsfreiheit, sie verstoße gegen das Diskriminierungsverbot und gegen das Recht von Parteien auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb.

Berufsfreiheit war der Knackpunkt

Schon während dieser Hauptverhandlung hatte das Gericht klargemacht, dass für die Richter allenfalls der Eingriff in die Berufsfreiheit, den dieser Passus bedeutet, so schwerwiegend sein könnte, dass sich daraus vielleicht verfassungsrechtliche Probleme ergeben könnten. «Das ist der entscheidende Punkt», hatte von der Weiden damals gesagt. 

In seinem Urteil kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der im Gesetz vorgeschriebene Ausschluss von Extremisten vom juristischen Vorbereitungsdienst so wichtig für die Justiz ist, dass dies höher zu werten ist, als der Eingriff in die Berufsfreiheit des Einzelnen. 

Dass die Rechtspflege funktioniere und dass Menschen in den Rechtsstaat vertrauen könnten, sei ein «überragend wichtiges Gemeinschaftsgut», sagte von der Weiden. Das gelte vor allem deshalb, weil Referendare oft in Bereichen eingesetzt würden, die anders als Gerichtsverhandlungen nicht öffentlich zu beobachten seien. «Die Parteien eines Rechtsstreits haben deshalb ein Anrecht darauf, dass kein Rechtsreferendar an der Bearbeitung ihrer Angelegenheiten mitwirkt, der gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung tätig ist.»

AfD-Abgeordnete: Urteil ist ernüchternd

Die AfD-Landtagsabgeordnete, Vivien Rottstedt, nannte das Urteil «ernüchternd». «In meinen Augen ist das ein Schlag ins Gesicht für jeden, der sich aktiv politisch hier beteiligt.» Diese Entscheidung hätte nach ihrer Auffassung «so nicht ergehen dürfen». Der justizpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Sascha Schlösser, sagte: «Der Verfassungsgerichtshof hat heute die historische Chance verpasst, der um sich greifenden politisch motivierten Ausgrenzung Andersdenkender eine verfassungsrechtliche Grenze zu setzen.»

AfD-Partei und -Fraktionschef Björn Höcke sagte, seine Fraktion könne juristisch erst mal nicht weitermachen. «Das heißt, wir brauchen jetzt eine konkrete Betroffenheit» – etwa einen Juristen, der begehre, in die Thüringer Juristenausbildung einzutreten und abgelehnt werde. «Dann könnten wir als Partei eventuell unterstützen.» Das sei dann aber keine Sache der Fraktion mehr.

Justizministerin Beate Meißner (CDU) sagte: «Die heutige Entscheidung bestätigt, dass der Anspruch auf Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst nicht grenzenlos ist.» Wer Rechtsreferendar werden wolle, müsse Mindestanforderungen genügen. Wenn Zweifel an der Verfassungstreue eines Bewerbers bestünden, sei es an ihm, diese auszuräumen. «Wir müssen wissen, auf wen wir uns bei der Verteidigung des Rechtsstaats verlassen können und wer ihn untergräbt.» 

Für Nachwuchsjuristen ist die Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst, auch Referendariat genannt, entscheidend, wenn sie Volljuristen werden wollen. Erst nach dem Abschluss dieses Vorbereitungsdienstes können sie ihr zweites Staatsexamen ablegen, das sie befähigt, sich zum Beispiel um ein Richteramt zu bewerben, Staatsanwalt zu werden oder als Rechtsanwalt zu arbeiten.

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