Thüringens BSW-Co-Chefin und Finanzministerin Katja Wolf hält eine Debatte über ein AfD-Verbotsverfahren derzeit für den falschen Ansatz. «Natürlich müssen wir genau hinschauen, inwieweit die AfD verfassungsfeindlich ist», sagte sie der «Rheinischen Post». Ihrer Meinung nach sei der Zeitpunkt für eine klare Entscheidung aber noch nicht gekommen. «Insofern ist ein Fokus auf die Verbotsdebatte gefährlich für das demokratische System.»
Offenheit in der SPD für Verbotsverfahren
Die Debatte über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren hat zuletzt wieder an Dynamik gewonnen. Vor allem aus den Reihen der SPD zeigten sich immer mehr Politikerinnen und Politiker offen dafür. SPD-Chef Lars Klingbeil hatte bei einem Landesparteitag der niedersächsischen SPD gesagt, ein AfD-Verbot dürfe nicht vom Tisch genommen werden. «Wenn der Verfassungsschutz feststellt, dass das eine gesichert rechtsextreme Partei ist, dann müssen alle Maßnahmen ergriffen und geprüft werden», hatte er gesagt.
Die Rufe nach der Einleitung eines Verbotsverfahrens waren lauter geworden, nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD Anfang Mai zur «gesichert rechtsextremistischen Bestrebung» hochgestuft hatte. Dagegen setzt sich die Partei mit einem Eilantrag zur Wehr. Der Thüringer AfD-Landesverband ist schon seit 2021 vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und wird beobachtet. Thüringens SPD-Chef und Innenminister Georg Maier gilt seit Jahren als Fürsprecher, ein Verbotsverfahren genau zu prüfen.
Meinungsführerschaft zurückgewinnen
Wolf, die in Thüringen auch Vize-Ministerpräsidentin ist, sagte der «Rheinischen Post», durch die Debatte über ein Verbot werde der Eindruck erweckt, als würde im Parteienwettstreit leichtfertig zu den schärfsten Mitteln gegriffen. «Es wirkt wie eine Verzweiflungstat.» Die Menschen müssten das Gefühl haben, dass es jenseits der AfD Alternativen gibt. «Die derzeitige Verbotsdebatte ist der falsche Ansatz. Der Ansatz muss sein, wie schaffen wir es, dass demokratische Parteien Vertrauen und die Meinungsführerschaft zurückgewinnen.»
Im Thüringer BSW hatte es in der Vergangenheit immer wieder unterschiedliche Positionen zum Umgang mit der AfD gegeben. Ein Auftritt des BSW-Abgeordneten und Landtagsvize-Präsidenten Steffen Quasebarth in einem AfD-Podcast etwa war auch in den eigenen Reihen kritisiert worden.
Copyright 2025, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten